Motiviert durch die Erlebnisse meiner letzten Tage, möchte ich doch mal etwas heftiger auf die Tastatur klopfen. In welcher Welt wollen wir leben? Ich frage mich ja so einiges. Öfter. Nachdenklich ging ich aus einem Gespräch, in Gedanken darüber, was man denn eigentlich noch posten dürfe, wenn gerade in der Reiterszene immer wieder Missgunst und Klatsch auftauchen und Bilder zerrissen und auf „Fehler“ analysiert, die dann weitergetrascht werden können. Ich liebe die Aufgabe Menschen und ihre Pferde auf ihrem gemeinsamen Weg zu unterstützen und tue es von Herzen und mit all meinem pädagogischen Wissen. Wieder mal sind hintenrum Äußerungen aufgetaucht, die über entfernt mich (und Kollegen) und meine reiterliche Arbeit im weitestens Sinne gemacht wurden. Es ist ja wirklich nichts Neues. In manchen Fällen tut es aber (immer noch) weh. Soll ich also keine Bilder oder Arbeitsschritte mehr posten wie die meisten der Ausbilder und Lehrer nur aus Angst vor solcher Art „Missverständnisse“? Möchte ich „perfekt“ dastehen? Wie geht das? Ich bin ja keine Hochglanzbildershow. Ich bin unperfekt, weil ich ein Mensch bin. Mein Leben ist unperfekt. Da hätte ich sowieso schon öfters verflucht gern den großen Regisseur zu gesprochen. Möchte ich mich also derart einschränken lassen? In welcher Welt möchte ich leben? In einer in der ich sagen kann: Schaut her ich bin unperfekt. Sogar schrecklich, chaotisch, verpeilt, fehlerbehaftet und und und. Dafür tue ich niemanden was, so es irgend zu vermeiden ist und versuche so gut ich kann die Welt zu einem besseren Ort zu machen. Auf meine Art. Und mit Humor.
Und deshalb kommt hier eine „schrecklich unperfekte Vivi-Geschichte“, die sich wirklich so zugetragen hat:
Ich bin in einen Stall zum Unterrichten beordert worden. Es ist die Art von Stall, der jede Menge Luxus bietet. Für die Menschen. Die Pferde haben Boxen, die sie nur zum Training verlassen. Es finden sich ein Haufen wichtiger Sportpferde dort und ein Haufen noch wichtigerer Menschen. Diese Menschen tragen hochwertige, natürlich sehr sportliche Kleidungsstücke, dem reiterlichen Anlass angemessen, höchstwahrscheinlich mit Namen im Etikett. Das weiß ich nicht empirisch-sicher, denn ich habe da nicht nachgesehen. Es handelt sich hier um einen Verdacht. Aber wie dem auch sei. Es stört mich nicht sehr. Ich habe Gott sei Dank autistische Züge. Ich kann um mich herumdüsende Sportpferde ignorieren und im Zweifel auf die Seite springen, während ich ruhig, zugewandt und freundlich die junge Frau, meine Schülerin, bei der gymnastizierenden Bodenarbeit begleite, wie es meine Art ist. Ich trage eine alte, ausgelutschte Reithose, irgendein Shirt und darüber meine geliebte „Handwerkerweste“, eine second-hand-Herrenweste in naviblau, die mit dem Reitkunst Karlsruhe Logo versehen wurde und die ich wirklich voller Stolz trage. Passend übrigens zu meinem endlich leistbaren „Handwerkerauto“ mit dem ich nach Jahren des Pferdebesitzer-Daseins nun endlich einen Hänger ziehen kann. Ja und Schuhe- Schuhe habe ich auch an. Man muss dazu sagen: Ich kann mir jetzt durchaus auch mal neue Schuhe leisten. Allerdings ist es eine sehr liebe Gewohnheit, Altes zu flicken. Und nun, diese Schuhe sind geflickt. Ich stehe schon mitten in der Großen Halle unter Aufsicht anderer Unterrichtender, Sportreitern und „Bandenreiter“ als ich bemerke, dass etwas nicht stimmt. Ein Fuß fühlt sich komisch an. Während ich versuche, keine Miene zu verziehen, analysiere ich das Problem. F***- Die Sohle hat sich fast komplett vom Schuh gelöst! Bei jedem Schritt „klafft“ sie geräuschvoll auf. Noch scheint niemand etwas bemerkt zu haben?! Wie der Glöckner von Notre Dame einen Fuß schleifend verbringe ich den Rest der Stunde. Der Abgang aus der Halle wird zum ganz großen Kino. Anschließend lachen die Schülerin, ihre Mutter und ich gemeinsam herzlich. Mit herbeigeholtem Klebeband werden Sohle und Schuh notdürftig „neuvermählt“, sodass das Verlassen des Hofes etwas würdevoller gelingt. Eine Moral-von-der-Geschicht gibt es nicht. Ich bin mal wieder blamiert. Oder doch nicht? So ist das eben. Den Rest des Tages geschahen noch ganz andere Dinge. Aber das sind ganz andere Geschichten. Von Perfektion keine Spur in meinem Leben. Bleibt einfach ihr selbst. Eure Vivi